Elfenbein-Katabori, Die greise Dichterin steht tief gebückt, auf einen Stock gestützt. Ihr Gesichtsausdruck ist eine Mischung von stolz und bedrückt, freundlich und leidend. Das lange Haupthaar ist hinten zu einer Masche zusammengebunden. Der Kimono zeigt ein florales Muster. Die Himotoshi im Rücken sind unterschiedlich gross, gut gebohrt, mit schönen Tragspuren. Darunter die Signatur MASANAO (K191, K282) in einer ovalen Reserve. Sehr schöne Alterspatina, gut abgegriffen, handschmeichlerisch. Höhe 47mm. Etliche feine Alterssprünge. Alter 18.Jh.
Herkunft: Auktion Koller Zürich, Juni 1997.
ONO no KOMACHI gehört zu den sechs berühmten Dichtern Japans, den Rokkasen. Sie ist die einzige Frau in der Gruppe, lebte im 9.Jh., war begabt, beliebt, stolz, ging bei Hof ein und aus. Ihre Gedichte hatten die Kraft, dem Land während einer Dürre Regen zu bescheren, wo Gebete versagt hatten. Sie wurde begehrt, wies aber alle Liebhaber ab. Im Alter war sie armselig und verlassen. Vanitasmotiv. Viele Tempel nehmen für sich in Anspruch, ihre sterblichen Überreste zu bewahren.
Falls die Signatur echt ist, ist sie bedeutend. MASANAO· von Kyôto ist bereits 1781 im Sôken Kishô erwähnt. Dort heisst es (übersetzt) “He is skillful at carving ivory, wood, and other materials. He deserves high praise and recognition.” Bushell (“Collector’s Netsuke”) schreibt: “He has the uncanny ability to penetrate to the heart of his subject and to portray it with artistic distortions, exaggerations, and idealisations that make it more real than realism… His designs often incorporate contrasts and harmonies in a most artful and pleasing manner.” Lazarnick schreibt, dass Fälschungen selten seien. Aber was weiss man schon mit Sicherheit? – Meine Liebe zu diesem Frauchen war auf den ersten Blick, und erst später identifizierte ich die Signatur. – Die Haltung der Dame ist dieselbe wie “Hotei, einen Hahnenkampf beobachtend” auf dem Bild von Miyamoto Musashi.